Marvel’s Spider-Man 2: Wünsche und Hoffnungen

© Insomniac Games / Sony Interactive Entertainment

Insomniac hat mit Marvels Spider-Man: Miles Morales erst vor wenigen Monaten wieder einmal bewiesen, dass sie ein Händchen für die spielerischen Eskapaden der freundlichen Wandkrabblern aus der Nachbarschaft haben. Marvel’s Spider-Man hat verstanden, warum die Spider-Men eine derart große Fangemeinde haben. Neben dem Schwingen durch New York und Kampfsystem punktet Insomniac nämlich vor allem im Bereich der Handlung und Charaktere. Spider-Man ist mehr als seine Superkräfte. Unter der Maske ist er noch immer ein Mensch und Insomniac hat wie selten eine Spider-Man Adaption verstanden wie wichtig dieser Aspekt des Charakters ist.

Aber trotzdem gibt es noch Potenzial für mehr. Und das vor allem in der Umsetzung der Spielwelt und wie man diese mit unterhaltsamen Aktivitäten füllt. So glücklich Insomniacs Interpretation des Charakters mich gemacht hat, habe ich als Fan seit den Tagen des Windeltragens ein Paar Ideen dazu, wie der eventuelle PlayStation 5 Nachfolger noch besser werden kann.

FRIENDLY NEIGHBORHOOD SPIDER-MAN

Spider-Man ist ein Held der Leute. Peter ist (in den meisten Interpretationen des Charakters) ein bescheiden lebender Mensch mit Geldproblemen, der nie einen festen Job zu finden scheint und für den selbst Wäsche waschen eine Herausforderung darstellen kann. Auch Miles hebt sich nicht besonders von der Masse ab. Im Großen und Ganzen sind Peter sowie Miles normale Bewohner New Yorks.

Die Spider-Men sind für die Menschen da, die ähnliche Probleme haben wie die Helden in ihren normalen Leben. Für die ordinären Bewohner New Yorks. Oftmals bauen sie Beziehungen zu den New Yorkern auf und helfen sich gegenseitig aus. Nicht umsonst gelten die Spider-Men als Mitglieder der Nachbarschaft.

Der Aspekt des nachbarlichen Zusammenlebens der Superhelden und den Einwohnern New Yorks kommt mir zu kurz. Zwar hat Miles Morales in diesem Punkt einige gute Nebenmissionen zu bieten, die sich letzten Endes auch emotional auszahlen, aber reichen tut das noch nicht. Man glaubt Miles, dass er und Harlem sowie Harlems Bewohner eine Bindung zueinander haben, die so schnell nicht mehr bricht. Aber dasselbe gilt nicht für Peter.

Zum einen liegt es daran, dass Peter mehr als Miles, der Beschützer der ganzen Stadt und nicht nur eines Stadtteils ist und dass der Aspekt der Nachbarschaft in der Handlung seines Spiels nicht ganz so prävalent ist. Klar könnte man argumentieren, dass es daran liegt, dass Peter schon seit vielen Jahren eine nachbarliche Beziehung zu New York führt, während Miles diese gerade erst etablieren musste. Dennoch fehlt mir in Peters Kampagne die Beziehung zu den einzelnen Menschen, die New York aus machen. Ein positives Beispiel wären zwar die Missionen mit Howard und seinen Tauben, aber die sind weniger tiefgehend als dass sie einfach nur für etwas mehr Spielzeit sorgen sollen.

Daher wünsche ich mir für Marvels Spider-Man 2, dass es nicht nur mehr Nebenmissionen gibt, die ihren Fokus auf einzelne Menschen und ihre Umstände legen, sondern auch, dass diese Charaktere immer wieder aufgegriffen werden. Ob durch einer Reihe an Nebenmissionen mit wiederkehrenden Charakteren oder durch das Einbinden dieser Personen in die Haupthandlung, ähnlich wie Miles Morales es schon gemacht hat.

MEHR SUPERSCHURKEN

Eine weitere große Stärke von Spider-Man ist seine Gruppe an Antagonisten, die wenn überhaupt nur Batman übertreffen kann. Dennoch geht Insomniac mit den Superschurken relativ sparsam um. Klar kommen in der Handlung vermehrt verschiedene Gegenspieler auf, aber keiner von ihnen, den Hauptantagonisten ausgenommen, bekommt so viel Zeit, wie ihnen gebührt.

Eine meiner liebsten Reihe an Nebenmissionen im originalen Marvels Spider-Man ist der Missionsstrang rund um Tombstone. Hier bekommt ein kleiner Bösewicht mehrere Nebenmissionen gewidmet, die in einem größeren Finale kulminieren und so dem Charakter vom Tombstone etwas mehr Raum zur Entfaltung geben. Das Ganze ist nicht nur spannender als das Bekämpfen der immer selben Handlanger, sondern ist auch eine Möglichkeit für Insomniac, ihr Spider-Man Universum weiter auszubauen.

Mit seinen vielen Jahren im Geschäft ist er einer der erfahrensten Interpretationen des Charakters, die wir so außerhalb der Comics je gesehen haben. Ich möchte mehr darüber wissen, welche Schurken Peter in diesem Universum schon bekämpft hat, wie ihre Dynamiken aussehen und wie Insomniac diese Bösewichte umsetzen. Der Kurzauftritt von Shocker in der Hauptgeschichte funktioniert zwar auch, aber es ist einfach verschenktes Potenzial, ihm nach der Konfrontation in der Bank nicht einen optionalen Strang an Nebenmissionen gegeben zu haben.

Was ich im Grunde sagen will: Wenn Marvels Spider-Man 2 keine Nebenmissionen rund um Mysterio und Sandman hat, hätte das Spiel eigentlich gar nicht veröffentlicht werden dürfen.

EIN NORMALES LEBEN

Wie vorher schon erwähnt ist eine der größten Stärke von Spider-Man, dass hinter der Maske immer ein normaler Mensch steckt. Sowohl Peter als auch Miles haben ihre Privatleben mit Freunden, Familie, einem Job oder eben der Schule. In einem Superhelden Spiel sind solche normalen Aspekte schwer unterzubringen. Wer kauft sich denn schon ein Spider-Man Spiel, um sich ohne Spinnennetze an den Boden haftend durch New York zu bewegen?

Ich würde mir so ein Spiel nicht nur kaufen, ich würde jeden meiner Freunde, meine Familie und fremde Leute auf dem Gehweg damit belästigen, dem neuen Spider-Man Spiel eine Chance zu geben! Aber das kann ich niemandem sonst zumuten. Ich erwarte mir auch kein Persona Spiel in Spider-Man Verkleidung, aber ich wünsche mir dennoch, dass dieses normale Leben der Charaktere mehr in das Gameplay integriert wird, als dass es fast ausschließlich in der Handlung stattfindet. Wie wäre es, wenn man wieder einmal Nebenmissionen benutzt, um diesem normalen Leben mehr Farbe zu geben?

Ganke ruft an. Er hat ein Problem mit den Recherchen für seine Hausaufgaben und fragt Miles um Hilfe. Miles schwingt sich in seinem Spider-Man Kostüm zum nächsten Restaurant, schlüpft aus dem Anzug, führt ein Interview mit dem Besitzer, erfährt vielleicht von ein paar Mafiosi, die den Laden unter Druck setzen, kümmert sich um das Problem und schwingt dann mit dem fertigen Interview bei Ganke vorbei. Die beiden essen eine Pizza und wir bekommen einen Einblick in die Freundschaft der zwei.

Und das Ganze gilt nicht nur für Ganke. Gleichermaßen könnten Miles‘ Mutter, Harry oder MJ je nachdem, wie eingespannt sie in die Haupthandlung sind, für das Spiel noch relevanter werden, indem man ebenfalls außerhalb der Handlung Beziehungen zu ihnen knüpft.

Im Grunde waren Harrys Forschungslabore aus dem ersten Teil schon eine Umsetzung dieser Idee. Aber leider noch zu unpersönlich. Harry und Peter kommunizieren nicht wirklich, Peter hört sich einfach nur bereits aufgenommene Nachrichten Harrys an. Um einen wirklich guten Einblick in die Freundschaft zwischen den beiden zu bieten, muss mehr Präsenz und Kommunikation herrschen. Das war aufgrund der Umstände des ersten Teils zwar nicht möglich, aber gerade deswegen kann der zweite Teil darauf aufbauen und etwas Besseres aus diesen Nebenaktivitäten machen.

“NEW” NEW YORK CITY

Spider-Mans Operationsgebiet ist in der Regel immer New York City. Ich gehe nicht davon aus, dass sich das im zweiten Teil ändern wird, weshalb Insomniac Gefahr läuft, den Spieler mit einer stets gleichen Spielwelt zu langweilen. Miles Morales hat für Abwechslung gesorgt, indem es uns Manhattan in einem Winter Setting serviert hat, das zwar ziemlich hübsch aussah, aber in seiner Grundstruktur immer noch genau dieselbe Spielwelt war.

Noch ist das in Ordnung, das von Schnee bedeckte New York war unterschiedlich genug und gefüllt mit genügend neuen Nebenmissionen, dass das Ganze nicht langweilig wurde. Aber wie lange kann das weitergehen? So wie ich das sehe, gibt es zwei Optionen:

Manhattan kann sich was von Kamurocho aus den Yakuza Spielen abgucken. Kamurocho sieht zwar immer in seinen Grundstrukturen gleich aus, aber ist dafür wieder und wieder mit anderen Shops, Nebenaktivitäten und Missionen gefüllt. Für Insomniac wäre da die größte Herausforderung genug, Unterschiede zum New York aus dem vorherigen Teil zu etablieren. Das würde vermutlich wie bei Yakuza für eine kürzere und günstigere Entwicklungszeit sorgen, aber wäre nicht so aufregend, wie ich es mir wünsche.

Die andere Option wäre, New York von Grund auf neu zu bauen. Also nicht nur die bereits existierende Stadt für die PlayStation 5 aufzuhübschen, sondern vollkommen zu überarbeiten. In einem etwas realistischeren Maßstab zum echten New York, vielleicht sogar mit weiteren Stadtteilen wie Queens oder Brooklyn. Das wäre eine ziemlich große Open World, die es mit mehr Aktivitäten zu füllen heißt. Gut, dass ich schon mehrere Ideen für mehr Nebenmissionen genannt habe.

Außerdem gäbe es einen weiteren Vorteil: Man könnte das Netzschwingen schneller machen. Ich liebe das Netzschwingen in der Form, in der es bereits in die Spiele implementiert ist, aber auch da, mit einem komplett neuen Teil für eine neue Konsolengenerationen erwarte ich mir mehr. Und wie wird man als Videospiel Designer besser zu einem generalüberholten Fortbewegungssystem gezwungen, wenn nicht durch eine generalüberholte Spielwelt?

AUS GROSSEM KÖNNEN FOLGEN HOHE ERWARTUNGEN

Im Grunde drehen sich alle meine Wünsche und Ideen um Nebenmissionen und Aktivitäten, die die Spielwelt füllen, aber eben diese waren besonders im ersten Teil der Reihe eine der größten Schwächen. In meinen Augen gibt es kaum ein stärkeres Qualitätsmerkmal als gute Nebenaktivitäten in einem ohnehin schon guten Grundspiel.

Marvels Spider-Man hat fantastische Interpretationen von Peter, Miles und New York City. Nebenmissionen sind eine der besten Möglichkeiten, um mir einen größeren Einblick in diese Welt und ihre Charaktere zu bieten. Als Spider-Man Fan hat mir Insomniac jetzt schon mehr gegeben, als ich mir je hätte erwünschen können und genau deshalb setze ich große Hoffnungen in das, was als Nächstes kommt. Ich möchte nicht nur mehr ein hübscheres und größeres Spiel. Ich will ein breiteres Spiel. Ein Spider-Man Spiel, das mir noch mehr von seiner Welt bietet und mir mehr Möglichkeiten gibt, mit seiner Größe zu spielen.

Auf Marvels Spider-Man 2 lastet eine große Verantwortung. Aber wenn jemand die Kraft hat, dieser gerecht zu werden, dann ist es niemand anderes als Insomniac.

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