Meine Abrechnung mit Animal Crossing: New Horizons

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Straßen überkreuzen

Mit jungen Jahren, drei oder vier Jahre alt, gerade mal wenn überhaupt im Kindergarten, verbrachte ich viel Zeit im unaufgeräumten Zimmer meiner großen Schwester. Der Grund war allerdings nicht geschwisterliches Rumalbern, sondern der Nintendo DS, den sie selbst bei Besuch von ihren Freunden immer an ihrer Seite hatte. Das einzige Spiel, das sie auf ihrem Nintendo DS gespielt hat, von dem ich behaupten kann, noch eine konkrete Erinnerung zu haben, war Animal Crossing: Wild World. Der zweite Ableger in dem damals noch recht neuen Franchise Nintendos und heute Teil der erfolgreichsten Spielereihen im Repertoire des japanischen Videospielentwicklers. Nach erfolgreichen Nervereien durfte ich auch mal. So wurde nicht nur meine Liebe zu Animal Crossing, sondern auch gegenüber Videospielen geboren.

Den direkten Nachfolger konnte ich nie spielen, meine Familie besaß keine Wii und damals war ich generell so jung und ohne große Internet-Kenntniss, dass ich nur durch reinen Zufall bei einem Freund zu Hause von Animal Crossing: City Folk auf der Nintendo Wii erfahren habe. Jahre später war es allerdings wieder so weit, Animal Crossing: New Leaf erschien auf dem Nintendo 3DS. Ich erinnere mich noch ziemlich genau, wie ich meinen Vater in den halbwegs neu gebauten Erweiterungskomplex der „Pasing Arcaden“ im Münchner Stadtteil, ja, ebenfalls Pasing geschleppt habe. Mein klares Ziel: Ich gehe nicht wieder aus dem verkorksten Einkaufszentrum, bevor er mir das neue Animal Crossing kauft. Ein paar über die Jahre rhetorisch angeeignete Tricks zum Überzeugen der Eltern später spazierten wir also zusammen mit dem neuesten Animal Crossing nach Hause.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Hunderte Spielstunden habe ich mit New Leaf verbracht und das Spiel so sehr geliebt, dass ich es nach dem Verlieren viele Jahre später nicht nur einmal, sondern gleich zweimal: Einmal als physische Karte und ein anderes Mal als digitale Version wieder gekauft habe. So verbrachte ich abermals Hunderte Stunden in der digitalen Landschaft meiner immer „München“ genannten Stadt. Einen neuen Teil für die nächste Konsole Nintendos, der WiiU, gab es dann allerdings nicht, obwohl ich mir diese direkt zur Veröffentlichung an Weihnachten gewünscht hatte, da ich ja unbedingt das neue Zelda und das neue Animal Crossing spielen wollen würde, wenn diese doch erscheinen würden. Dafür kam dann im Jahr 2017 die Nintendo Switch, endlich die Konsole ins Schaufenster, die mir mein gewünschtes Zelda und Animal Crossing schenken sollte.

Zumindest so halb. Das neue The Legend of Zelda sollte für mich, entgegen der populären Meinung, mit Abstand einen der schlechteren Teile der Reihe darstellen, während Animal Crossing: New Horizons noch bis zum Jahr 2020 auf sich warten lassen sollte. Aus bekannten, aber heute immer mehr ignorierten Gründen stand 2020 die Welt still, mein Abitur wurde verschoben und so hieß es für mich ab dem 20. März beziehungsweise einer frühen Postlieferung sei Dank, schon ab dem 19. März für mich als äußerst unzuverlässigen Schüler mehr als genug freie Zeit zu haben, mich in meine virtuelle Insel stürzen zu können.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Auf Wiedersehen Authentizität

Da sitze ich also, Freudentränen weinend vor dem Fernseher, erstelle meinen Charakter, nenne meine Insel „Milet“, denn München ist ja bekanntlich keine Insel und ziehe auf ein noch komplett unberührtes wildes Plätzchen mitten im Meer. Anders als seine Vorgänger erzählt „New Horizons“ nämlich nicht von einem nur einem Spielercharakter, der in eine neue Stadt zieht, um sich dort unter seinen Nachbarn, den namensgebenden Tieren, einzuleben.

„New Horizons“ schlägt neue Horizonte auf. Wie der Avatar des Spielers finden sich nun zwei weitere anthropomorphe Tier-Nachbarn mit einem zusammen auf einer wilden Insel wieder. Franchise-Urgestein Tom Nook und seine Neffen gehören nicht zu diesen zweien dazu, denn die Nook Familie hilft erst mal jedem Inselbewohner, sich an einem ziemlich frei auswählbaren Platz einzuwohnen. Man platziert sein eigenes Zelt, platziert zwei Weitere für seine Nachbarn und fängt an, seine Schulden für die große Insel-Aktion bei den Nooks abzubezahlen.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Von hier an gilt es langsam, aber stetig, denn die Zeit innerhalb des Spiels deckt sich mit der Zeit im echten Leben, täglich an seiner Wohnsituation auf der Insel zu arbeiten. Es werden Schulden abbezahlt, man kriegt ein Haus gebaut, man hilft seinen Nachbarn dabei, ihre Häuser zu bauen, bekommt Aufträge für das erste kommerzielle Institut, lässt ein Museum errichten und so weiter und so fort. Innerhalb der ersten paar Tage des Spielens geschieht hier also noch viel Progression. Genug, um mich innerhalb des ersten Monates nach der Veröffentlichung nicht nur täglich zum Spielen zu bringen, sondern tatsächlich vom Aufstehen bis zum Schlafengehen ohne Probleme unterhalten zu können. Mit der Zeit schaltet man mehr Items frei, um mit der Umwelt zu interagieren, platziert neue Gebäude auf seiner Insel, bekommt neue Mitbewohner und darf nach und nach auf mehr Teile der Insel zugreifen. 

Hier setzt sich New Horizons klar von seinen Vorgängern ab. Hier geht es nicht mehr darum, sich innerhalb einer bereits entstehenden Gemeinschaft zu etablieren und sich einzuleben, es geht darum, eine Gemeinschaft zu etablieren und sie einzuleben. Animal Crossing entwickelt sich mit New Horizons von einer Lebenssimulation zu einer, wie ich es jetzt einfach nenne, „Design Your Own Life“-Simulation. Damit einher geht ein größerer Fokus auf die maßgeschneiderte Inszenierung und das individuelle Konzeptionieren seiner eigenen kleinen Welt. Jedes Gebäude mit Ausnahme des Zeltes Tom Nooks, lässt sich selbst an einem beliebigen Ort platzieren. Alle möglichen Gegenstände sind jetzt nicht nur innerhalb des Hauses als Dekoration, sondern auch außerhalb in der freien Natur der Insel platzierbar. Wo vorher das Vertrauen und eine Bindung zu den Nachbarn erst verdient werden musste, ist sie hier von Anfang an gestellt. Bewohner ziehen nicht mehr aus, ohne dass dem Spieler davor darüber Bescheid gegeben wird und der Spieler darf selbst entscheiden, welchen der Hunderten Bewohner er als nächstes auf seine Insel ziehen lassen will. Nachbarn wirken so weniger wie eigene Charakter, die unabhängig von der allmächtigen Hand des Spielers existieren, sondern unterwerfen sich dieser von Anfang an ohne Widerrede. Und falls einem der Flussverlauf oder die verschiedenen Hügel auf der Insel nicht gefallen, darf man im späteren Spielverlauf gleich die ganze Insel mit Spachtel und speziellen Schaufeln komplett umgestalten.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Prinzipiell spricht nichts gegen die Dekoration der Außenwelt mit verschiedenen Möbeln und Items, die sich davor sonst nur im eigenen Haus hätten platzieren lassen können. Auch das manuelle Platzieren der Wohnorte seiner Nachbarn oder die Möglichkeit, die gesamte Insel nach eigenem Belieben umzuformen, sind tendenziell mehr Optionen, um mit der Spielwelt zu interagieren. Doch das Mitgestalten der Insel von Sekunde null an bringt eine Atmosphäre mit sich, die zu der der Vorgänger im vollkommenen Kontrast steht.

Wo der vorherige Fokus der Reihe insbesondere darauf lag, dem Spieler ein langsames Einleben in eine neue Umgebung zu gewähren und ihm dabei über Tage, Wochen und dann Monate neue Facetten der Spielwelt zu offenbaren, lässt New Horizons seine Würfel zugunsten der künstlerischen Expression des Spielers ziemlich schnell fallen. Die Spielwelt von Animal Crossing fungiert nicht mehr als eigene lebende Welt innerhalb seiner Videospielkonsole, sondern lebt nur noch, wenn man es will und wie man es will. Das Eigenleben der digitalen Welt geht zugunsten der kreativen Expression des Spielers verloren. Ein großer Punkt beim Gefühlsverlust einer aktiven, unabhängigen Spielwelt ist hierbei die im Vergleich zu den Vorgängern unausgeprägte Progression der Spielwelt im Spielverlauf. In New Horizons ist nach einem, vielleicht zwei Monaten des nicht sehr intensiven Spielens eigentlich schon alles zu sehen, was das Spiel mit seinen Charakteren zu bieten hat.

Progression, wo bist du nur?

Nachdem das Rathaus-Äquivalent der Insel aufgebaut ist, entwickelt sich New Horizons in eine klassischere Animal Crossing Erfahrung. Ein ikonisches Merkmal der Reihe ist bis dato die sich mit jeder Stunde verändernde Musik. Beim Laufen über die virtuelle Insel oder Stadt verzaubert jedes Animal Crossing den Spieler mit von atmosphärischer und melancholischer bis zur zum Fingerschnippen und mit dem Fuß zum Rhythmus tippen bringenden Musik. In New Horizons ist das zum ersten Mal zumindest anfangs noch anders.

Die klassisch sich stündlich wechselnde Musik bleibt aus. Um zu vermitteln, dass sich das Leben auf der Insel im Vergleich zu vorherigen Spielen der Reihe noch nicht wirklich etabliert hat, läuft den ganzen Tag über die gleiche bis sehr ähnliche, wenn nicht irgendwann nervtötende Musik. Mit dem Freischalten neuer Geschäfte kommen neue Instrumente zur selben alten Melodie hinzu, aber wirklich aufregend wird die musikalische Untermalung erst mit dem fertigen Aufbau des Rathauses: Endlich fängt die wahre Animal Crossing Erfahrung an.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Zumindest ist das die Implikation, die ganze Wahrheit sieht anders aus. Wo vorherige Animal Crossing Spiele einem zu diesem Zeitpunkt erst ins Spielgeschehen werfen, lässt New Horizons den Spieler für die stündliche Musik und verschiedene Gebäude und Museen durchaus arbeiten. In den anderen Teilen der Reihe gilt es die verschiedenen bereits existierenden Geschäfte der Stadt weiter auszubauen und neue Geschäfte und Gebäude wie einen Friseursalon oder Schuhladen und mehr anzuwerben, während man sich mit seinen tierischen Nachbarn verständigt, sie kennenlernt, sein Haus aufbaut und so sein Leben in einer neuen Umgebung etabliert.

Das Problem von New Horizons ist in diesem Fall, dass das Spiel ab dem Punkt, an dem die vorherigen Teile erst anfangen, nicht mehr wirklich was zu bieten hat. Keine weiteren Geschäfte, Ladenausbauten oder Ähnliches. Nach dem Bau eines Ladens für Möbel und verschiedene andere Dinge lässt sich dieses Geschäft nur ein weiteres Mal erweitern. Und das passiert ziemlich schnell. Wenn man zu diesem Zeitpunkt bereits viel Zeit in das Spiel investiert hat, dann kann man sogar das eigene Haus bereits zu einer unwirklich großen Villa ausgebaut haben. Bis auf das Dekorieren und Ausgestalten der Insel und eventuell dem Fangen von Insekten und Fischen zum Ausstellen im Museum bleibt nichts mehr übrig.

Zwar waren insbesondere das Ausbauen seines Hauses und das Spenden ans Museum immer die größten täglichen Beschäftigungen der Reihe, doch New Horizons hat schnell nicht mehr zu bieten als diese mondäne Quintessenz der Reihe. Alternativ lässt sich mit der Dekoration und Umgestaltung seiner Insel viel Zeit verbringen, doch die allgemeine statische Atmosphäre der Insel lässt den täglichen Spielverlauf schneller an Charme verlieren als die Vorgänger.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Somit hatte Animal Crossing: New Horizons zu seiner Veröffentlichung bei Weitem weniger zu bieten als seine Vorgänger. Nintendo war sich dessen natürlich bewusst und entschied sich dazu, das Spiel mehr unregelmäßig als stetig mit verschiedenen über das Internet herunterladbaren Updates auszustatten. So kamen über den Verlauf von den nächsten ca. 1 ½ Jahren verschiedene neue Features ins Spiel. Dazu gehören Reiners Schatzkutter, ein als Hochstapler guter Freund fungierender Händler, welcher der Insel regelmäßige Besuche abstattet, um entweder gefälschte, oder seltener, echte Kunst an den Spieler zu verkaufen, welche sich wiederum dann einem neuen Abteil im Museum spenden lässt. Dann kamen Dinge wie das Schwimmen, die Möglichkeit, von den Inseln anderer Spieler zu träumen und viel später noch ein am Bootssteg andockender Seefahrer, der einen auf kleine Inseln befördern konnte, ein Café und sogar einen kleinen Rückzugsort für verschiedene Händler, an dem sich sonst nur temporär auf der eigenen Insel aufhaltende Charaktere nun permanent auffinden lassen würden.

Das Problem mit diesen Updates: unregelmäßige Veröffentlichungen und der Fakt, dass es die meisten dieser Features schon in vorherigen Teilen gab, und im Falle des direkten Vorgängers Animal Crossing: New Leaf, bis auf pflanzbares Gemüse und Kochrezepte, durch die Updates tatsächlich nichts Neues ins Spiel kam. Anstatt den Spieler wie in den vorherigen Teilen von Anfang an mit einem ganzen Spiel auszustatten, entschied sich Nintendo mit New Horizons für ein Update Modell, das Spieler künstlich regelmäßig zurück zum Spielen bringen sollte. Dabei ging ein großer Teil der Stadtatmosphäre und der Progression der Spielwelt verloren. Gleichzeitig wurde New Horizons sowohl mit weniger Inhalt veröffentlicht als seine Vorgänger, bot damit ein weniger immersives Spielerlebnis, als hat es auch in Form von dem tatsächlichen Etablieren einer eigenen Stadt bis inklusive dem letzten Update nie dieselbe Anzahl an Gebäuden oder Erweiterungen für bestehende Gebäude im Angebot wie der Vorgänger.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Design Crossing

New Horizons war zur Veröffentlichung so wie heute, beinahe drei Jahre später, ein inhaltsarmer Nachfolger zu Animal Crossing: New Leaf. Dabei lag Nintendo den Fokus in der Entwicklung weniger auf eine Kleinstadtatmosphäre, bot weniger Inhalte zum Auseinandersetzen mit seiner eigenen Stadt und entschied sich stattdessen dazu, die kreativen Aspekte Animal Crossings weiterzudenken. Der Großteil der neuen Spielinhalte drehte sich genau um die Förderung der Kreativität des Spielers auf Kosten der Immersion.

Anfangen sei damit mit dem Handwerks-System. Neu für das Franchise ist das Sammeln von Steinen, verschiedenen Holzarten und mehr. Da man sich zum ersten Mal nicht in einer kommerziell entwickelten Stadt befindet, sondern auf einer einsamen Insel, ist der Spieler insbesondere zu Anfang von der Natur abhängig. Das Herstellen von Werkzeugen wie Schaufeln, Äxten, Angeln oder Keschern ist zu diesem Zeitpunkt nur durch das Sammeln verschiedener Crafting-Materialien möglich.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Durch Interaktion mit seinen Nachbarn oder dem Erkunden der eigenen sowie fremden Inseln lassen sich mehr Rohstoffe und Rezepte finden, die es einem wiederum erlauben, auch Möbel zu bauen, die man sich sonst auch später nicht in Geschäften mit Hilfe von Geld kaufen kann. Viele dieser Möbel eigenen sich ausgezeichnet zum Dekorieren der Insel, verschiedene Parkbänke, Tische oder Lichtquellen und im Spielverlauf immer mehr Gegenstände dienen hier dem individuellen Gestaltungsdrang des Spielers. Während durch das Crafting-System einige neue Möbelstücke ins Spiel kamen, war New Horizons, vor allem zur ersten Veröffentlichung äußerst sparsam mit seinen Möbeln. Sehr viele der aus den vorherigen Spielen bekannten Einrichtungsgegenstände waren nicht mehr verfügbar und sind es in vielen Fällen auch heute nicht. Für ein Spiel, das die Kreativität über allem anderen fordert, doch eine fragwürdige Entscheidung.

Ein noch größeres Werkzeug zum eigenen Gestalten der Insel stellt hier das bereits angeschnittene Terraforming-Equipment in Form von speziellen Schaufeln und Spachteln dar. Wenn einem die per Zufall generierte Topografie der Insel nicht gefällt, lässt sich so ziemlich alles bis auf den Strand individuell umbauen. Neue Klippen, weniger Klippen, neue Flüsse, weniger Flüsse. Tendenziell genau wie das Crafting-System eine gute Ergänzung für das Animal Crossing Formular, die allerdings der Immersion in die Spielwelt umso mehr schadet.

Beim Spielen mit offenem Auge wird einem schnell bewusst, dass die Spielwelt einen sehr kachelbasierten Look besitzt. Was das heißt? Die Insel ist in viele verschiedene kleine Vierecke unterteilt. An sich ist das nichts Neues. Schließlich war das davor auch schon so. Bäume lassen sich jeweils perfekt in eine dieser Kacheln platzieren, abgelegte Items reihen sich so perfekt neben- und übereinander auf und platzierbare Möbel passen auch nur genau innerhalb des etablierten Rasters. Das eigentliche Problem liegt hier bei der visuellen Gestaltung der Spielwelt. Anders als bei den Vorgängern folgen Flüsse und Klippen jetzt genau demselben Baustein-Prinzip. Anstatt natürliche Übergänge und dadurch immer unterschiedlich aussehende Landschaften zu generieren, muss New Horizons aufgrund der Möglichkeit, alles jederzeit umgestalten zu können, jedes Element der Spielwelt miteinander kompatibel machen. Diese Elemente werden somit sehr artifiziell, kantig und gerade, was einen nach dem ersten Erkennen immer wieder merken lässt, dass man sich auf einem Spielbrett anstatt einer tatsächlichen Welt befindet. So lässt sich das Terraforming natürlich leichter lösen, wenn alle Elemente der Spielwelt perfekt in ihre Kacheln passen, dann lassen sich diese Kacheln einfacher miteinander verbinden. Allerdings entsteht dadurch ein sehr unnatürlicher Look, der die Spielwelt abermals mehr wie einen inszenierten Schauplatz als eine tatsächliche virtuelle, lebende Stadt wirken lässt.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo

Animal Crossing: New Horizons 2.0

Heute vor einem Jahr, am 5. November 2021, erschien trotz eines immensen Verkaufserfolgs das letzte Update für Animal Crossing: New Horizons.Ein nicht nur von neuen, sondern auch alten Fans inklusive mir weit gefeiertes Update. Um das Fehlen von großen Updates über die ca. letzten acht Monate auszugleichen, verabschiedete sich Nintendo mit einem Haufen „neuer“ Features von New Horizons. Dazu gehörten das bereits erwähnte Café, der Bootfahrer am Bootssteg, sammelbare Figuren aus Lehm, den aus den vorherigen Teilen bekannten Gyroiden, Morgengymnastik auf dem Festplatz, Hausbesuche durch Nachbarn, ein Haufen neuer Dekorationsgegenstände und eine Insel als Rückzugsort für die wandernden Händler.

Dieses Update markierte für mich den Punkt, ab dem New Horizons von einer leicht schmerzhaften Enttäuschung zu einem soliden Nachfolger der Reihe wurde. Zwar fehlen bis heute einige Geschäfte und Charaktere, die Nachbarn sind weiterhin mehr Ausstellungsstücke als richtige Charaktere und die Update-Struktur hat die Progression für Spieler ab Tag der Veröffentlichung stark beeinträchtigt, aber New Horizons 2.0 brachte das Spiel endlich auf das Niveau, mit dem es eigentlich auf den Markt hätte kommen sollen.

Das Café war schon immer ein großer Bestandteil der angenehmen Wohlfühl-Atmosphäre Animal Crossings und die Möglichkeit, die wandernden Händler auf einer Insel zu besuchen und so täglich bei ihnen einkaufen zu können, ist so eine Art von Notlösung dafür, diese Charaktere nicht durch eigene Gebäude und Geschäfte auf die heimische Insel ziehen zu lassen. Auch wenn dem Spieler nicht mehr offen steht im Café auszuhelfen, ist der tägliche Besuch im Café alleine schon für die sich entwickelnde Freundschaft zum Barista ein Muss. Auch der Rückzugsort für die Händler muss erst nach und nach durch finanzielle Investitionen ausgebaut werden, was für die meisten Spieler zu diesem Zeitpunkt zwar ohne große Mühen möglich sein sollte, aber doch trotzdem groß nötige Progression bietet, die vor allem für komplett neue Spieler ein Segen sein sollte.

So kam Animal Crossing: New Horizons. Das zweit best Verkaufteste Spiel auf der Nintendo Switch und der sich am besten verkaufte Teil der Animal Crossing-Reihe. Ein Spiel, das mich vor allem während den ersten zwei Spielwochen wiederholt dazu bringen konnte, ein paar Tränen abzulassen, wo ich doch so glücklich war, nach all diesen Jahren wieder einen neuen Teil der Reihe spielen zu können. Darüber zu reflektieren, dass Animal Crossing: Wild World zu Kindergarten Zeiten meine erste Erfahrung mit Videospielen war und wie ich Jahre später im Angesicht meines Abiturs immer noch mit nichts als Liebe an diese Zeit zurückdenken konnte. 

So ging Animal Crossing: New Horizons. Ein Spiel, das ich trotz meiner Enttäuschung sehr viel spielte, mit dem ich auch viel Spaß hatte, genug Spaß, um über 500 Spielstunden auf meiner Insel „Milet“ verbracht haben zu können. Ein Spiel, das ich beim letzten Mal spielen, nicht mit Tränen verabschieden konnte und ein Spiel, das mir bei Weitem nicht so viel bedeutet wie seine Vorgänger, aber dennoch ein Spiel, das es bis zum Ende hin noch geschafft hat, von mir geschätzt zu werden. Wenn nicht so sehr, wie ich es mir erhofft hatte. Aber gesprochen von Hoffnung: Nach dem Megaerfolg von New Horizons wird Nintendo im besten Fall nichts Weiteres übrig sein, als bei dem mehr als nur sicheren Nachfolger alles zu geben. Und dann hoffentlich den neuen Fokus auf Kreativität mit der Wohlfühl-Stadtsimulation aus den Vorgängern zu kombinieren.

Animal Crossing: New Horizons (2020) © Nintendo
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