Freundschaften sind ein großer Bestandteil des menschlichen Lebens. Im Laufe der Zeit lernt man viele Menschen kennen, befreundet sich mit ihnen und oftmals lebt man sich auch auseinander. Manchmal nur temporär und öfter auch für immer.
Frances Ha ist ein Film über die Vergänglichkeit des Lebens als junger Erwachsener. Genau genommen die Zeit in der man sich noch gar nicht so sicher ist, wo man im Leben steht und was man machen will, es einem in dem Moment aber auch vollkommen egal ist.
Die Titelheldin Frances Ha, gespielt von Greta Gerwig, findet sich in eben diesem Moment ihres Lebens wieder. Mit einer knapp über 80 Minuten langen Laufzeit präsentiert Noah Baumbach Frances‘ Geschichte fast schon episodisch, schnell erzählt und insgesamt einen größeren Lebensabschnitt der Protagonistin umfassend.
Unterteilt wird der Film in Episoden durch verschiedene Title Cards, die einen abermals neuen Wohnort Frances‘ ankündigen. Verloren in der Welt springt sie von Couch zu Couch, Mitbewohner zu Mitbewohner und versucht immer nur den einfachsten Weg zu nehmen.
Neben Frances‘ tägliche Eskapaden steht auch ihre Freundschaft zu der von Mickey Sumner verkörperten Sophie Levee im Vordergrund. Von Anfang an wird auf diese Freundschaft gebaut, eine Freundschaft von der Frances fast schon abhängig ist. Sophie scheint fast schon ein Teil von Frances Persönlichkeit zu sein. Wenn Frances mal ausnahmsweise keine Zeit mit Sophie verbringt, dann redet Frances über sie, redet davon, dass sie doch ihre beste Freundin sei und wie gut sie sich verstehen. Über den Verlauf des Filmes wird Frances damit konfrontiert, dass Freunde nicht immer ausnahmslos füreinander da sein können. Irgendwann ist es schließlich auch an der Zeit mal sein eigenes Leben zu führen, und das geht schlecht, wenn man Rund um die Uhr mit seinen Freunden beschäftigt ist. Trotzdem, oder vielleicht genau deswegen, bildet diese Freundschaft das emotionale Herzstück des Films. Frances und Sophie bleiben Freunde. Aber die Freundschaft? Die entwickelt sich.
Bei einem derartig starken Fokus auf die Charaktere ist es wichtig auch sympathische Charaktere in den Mittelpunkt zu stellen. Es ist schwer sich nicht in Charaktere hineinzufühlen, wenn man sie in verschiedensten Lebenssituationen beobachten kann. Wir sehen Frances nicht nur beim Versuch ihre Geldprobleme zu bewältigen, beim Rumalbern mit ihren Freunden, oder auf ihrer immerwährenden Wohnungssuche. Auch scheinbar bedeutungslose Details tragen zu ihrer Charakterisierung und Vermenschlichung bei, was letzten Endes auch eine sympathischere Figur bedeutet. Baumbach zeigt wieder einmal, dass er ein Gefühl dafür besitzt mit Hilfe von kleinen Momenten, wie Frances‘ Zuspätkommen zu einer Kinovorstellung, eine nahbare Wirkung zu erzielen, die seinen Charakteren Leben einhaucht. Selbst wenn man selbst nie in Situationen war, die er in Filmen wie „Kicking and Screaming“ (1995), „Marriage Story“ (2019), oder auch „Frances Ha“ darstellt, bekommt man immer das Gefühl Ausschnitte aus dem Leben echter Menschen gesehen zu haben, eine von Baumbachs größten Stärken.
Diese Realitätsnähe findet sich nicht nur in den Charakteren, oder der generellen Struktur des Filmes, der Ziellosigkeit im frühen Leben. Es ist die konstante Entwicklung, der Welt, der Charaktere, die „Frances Ha“ so besonders macht. Menschen kommen und gehen, und wenn Frances sie später einmal wieder trifft, dann haben sie sich verändert. Sie führen auch außerhalb der Kamera ihre eigenen Leben und erleben ihre eigenen Geschichten. Die Welt wirkt lebendig, als würde Frances wirklich nur ein Mensch von vielen sein, als hätte die Kamera auch einem anderen Charakter folgen können, ohne dass der Film dadurch schlechter geworden wäre. Jeder lebt sein eigenes Leben. Aber vielleicht ist auch genau das der Grund, warum Frances im Mittelpunkt steht. Wenn man sie mit ihren Bekannten vergleicht, dann fällt einem auf, dass sie sich eigentlich gar nicht so sehr geändert hat. Genau darum geht es eigentlich auch in „Frances Ha“. Um die Zeit in Frances‘ Leben in der sie akzeptiert Veränderungen zu akzeptieren, bis sie endlich bereit ist das Leben als Erwachsene zu bestreiten.
Noah Baumbach beweist mit „Frances Ha“ wieder einmal, dass er ein Gespür dafür besitzt nicht nur Geschichten über Menschen, sondern auch Geschichten mit Menschen zu erzählen. In Baumbachs Filmen geht es nicht um den Eskapismus, darum sich durch Fiktion von den Gefahren und Anstrengungen des Alltags abzulenken. Es geht darum die Realität zu konfrontieren und die Welt zu sehen, wie sie ist. Dabei sind Baumbachs Filme keine hochanspruchsvollen Dramen, die sich mit den schwersten Aspekten des menschlichen Daseins befassen. Es sind Filme, die verschiedene Aspekte des Lebens zeigen, um seinen Geschichten einen gewissen Realismus zu verleihen. Dabei wird sich nicht nur auf all das negative konzentriert, es geht um alle Facetten. Es gibt Spaß, es gibt Drama, es gibt Trauer und es gibt Freude. Baumbach findet immer eine Balance, die ihn zu einem einzigartigen Filmemacher macht.
Schaut Frances Ha.